Die Arbeitswelt verändert sich rasant – und mit ihr die Anforderungen an Führungskräfte. Während klassisches Leadership darauf abzielt, Menschen zu inspirieren und auf gemeinsame Ziele auszurichten, reicht das in einer Zeit von New Work nicht mehr aus. Flexibilität, Digitalisierung und der Wunsch nach sinnstiftender Arbeit fordern einen neuen Ansatz: New Leadership. Doch was genau macht diese moderne Führung aus? Wie können Führungskräfte Teams in einer dynamischen, selbstorganisierten Arbeitswelt erfolgreich gestalten? In diesem Artikel beleuchten wir die Schlüsselprinzipien und essenziellen Skills, die New Leadership in Zeiten von New Work prägen.
Leadership hat uns in Teil 5 der Artikelserien über New Work bereits gezeigt, wie wichtig Visionen und Motivation sind, um Menschen mitzureißen. Doch in einer Welt, die von Wandel, Agilität und individuellen Bedürfnissen geprägt ist, stößt traditionelle Führung an ihre Grenzen. Hier setzt New Leadership an: Es verschiebt den Fokus von Hierarchie und Kontrolle hin zu Empowerment, Vertrauen und Zusammenarbeit. Welche Prinzipien und Fähigkeiten braucht es, um diesen Wandel zu meistern? Lassen Sie uns die zentralen Bausteine erkunden, die Führungskräfte befähigen, Teams nicht nur zu leiten, sondern sie zu echten Mitgestalter*innen einer neuen Arbeitskultur zu machen.
Die Schlüsselprinzipien von New Leadership
Wie gelingt dieser Wandel konkret? New Leadership gibt Raum für Eigenverantwortung, fördert Engagement und stärkt die Identifikation mit der Arbeit. Führungskräfte müssen Kontrolle abgeben und stattdessen als Mentoren oder Moderator*innen agieren. Hier sind die fünf zentralen Prinzipien:
1. Empowerment der Mitarbeitenden
Empowerment heißt Befähigung. Statt Anweisungen zu geben, schaffen New Leader eine Umgebung, in der Teammitglieder Verantwortung übernehmen und mitgestalten. Das steigert Engagement und nutzt die Vielfalt an Ideen im Team. Aus Befehlsempfänger*innen werden aktive Mitgestalter*innen. Frithjof Bergmann, Begründer der New-Work-Bewegung, formulierte es treffend: Arbeit soll das sein, “was ich wirklich, wirklich will”. Führungskräfte vermitteln daher Sinn, leben Werte vor und entwickeln gemeinsam mit ihren Teams konkrete Ziele aus der Unternehmensvision.
2. Teamarbeit statt Einzelkämpfertum
Erfolg entsteht durch Zusammenarbeit, nicht durch Solisten. Agile Teams zeigen, wie Kommunikation und Kooperation Ergebnisse verbessern. New Leadership löst starre Hierarchien auf und fördert Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Es schafft Rahmenbedingungen für selbstorganisierte Teams, die Veränderungen nicht nur begleiten, sondern aktiv mitgestalten. Wandel wird zur Chance – für Einzelne und das Unternehmen.
3. Vertrauen und Delegation
Vertrauen ist das Fundament von New Leadership. Führungskräfte delegieren Verantwortung, damit Mitarbeitende eigenständig handeln können. In einer komplexen Welt sind zentrale Entscheidungen nicht mehr praktikabel. Eine Kultur des Vertrauens ermöglicht schnelle, kluge Entscheidungen und fördert persönliches Wachstum. New Work lebt davon, dass Menschen sich mit ihrer Arbeit identifizieren – das erfordert neue Strukturen, die echte Mitbestimmung von Top-Down zu horizontalen Ansätzen ermöglichen.
4. Transparenz und offene Kommunikation
Authentische Führung braucht Transparenz. Informationen teilen stärkt Vertrauen und verhindert Missverständnisse. Kommunikation ist der Schlüssel: Moderne Führungskräfte diskutieren offen, auch kritische Themen. Nur so lassen sich alte Hierarchien transformieren. Transparenz zeigt zudem Wertschätzung für die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden.
5. Kontinuierliches Lernen und Anpassung
In einer sich wandelnden Welt sind Lernbereitschaft und Flexibilität unerlässlich. New Leadership fördert lebenslanges Lernen und ermutigt Teams, neue Wege zu testen. Fehler? Kein Scheitern, sondern eine Chance zur Verbesserung! Führungskräfte bieten Weiterbildung und Rahmenbedingungen für Entwicklung, berücksichtigen individuelle Bedürfnisse und stärken Soft Skills – auch bei sich selbst.
New-Leader-Skills: Kompetenzen für die neue Arbeitswelt
In einer von Wandel und Selbstorganisation geprägten Arbeitswelt verändert sich die Rolle der Führungskraft. Kontrolle und Hierarchie weichen Unterstützung, Empowerment und gemeinsamem Gestalten. Statt zu dominieren, moderieren New Leader und rücken das “Wir” ins Zentrum. Doch was braucht es dafür? Ein neues Mindset, ein erweitertes Skillset und angepasstes Verhalten – diese drei Säulen machen moderne Führung aus:
- Mindset: Wertebasiertes Handeln, ein klarer Purpose und Vertrauen in das Potenzial des Teams bilden die Grundlage.
- Skillset: Selbstführung, Mitarbeiterführung und Teambuilding sind essenziell. Als Coach oder Moderator*in stärken sie ihre Teams.
- Behaviour: Zielsetzung, Resilienz und die Fähigkeit, zu inspirieren, zeichnen sie aus. Ein situativer Stil passt sich flexibel an Herausforderungen an.

Diese Säulen legen den Grundstein für zukunftsorientierte Führung. Doch welche konkreten Fähigkeiten müssen Führungskräfte entwickeln, um diesen Ansprüchen gerecht zu werden? Die Antwort folgt in den nächsten Schlüsselnkompetenzen.
„New Leadership bedeutet, Führung neu zu denken: beziehungsorientiert, authentisch und empowernd.“
Was sind nun die einzelnen Schlüsselkompetenzen von New Leadership?
New Leadership in Zeiten von New Work verlangt mehr als klassische Führungsqualitäten. Es geht darum, Teams zu befähigen, Veränderungen zu gestalten und eine Kultur des Vertrauens zu schaffen. Doch welche Kompetenzen zeichnen moderne Führungskräfte aus? Schauen wir uns die zentralen Fähigkeiten an, die den Unterschied machen.
Selbstmanagement – Führung beginnt bei sich selbst
Erfolgreiche Führung startet mit Selbstreflexion. Wer sich selbst kennt – Stärken wie Schwächen – führt authentisch. Nicht jeder Stil passt zu jeder Person, deshalb entwickeln New Leader ihren individuellen Ansatz. Das erfordert Neugier, Lernbereitschaft und die Bereitschaft, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln. Nur so bleibt Führung echt und wirkungsvoll.
Entscheidungsfähigkeit – Verantwortung übernehmen
Auch wenn Verantwortung heute oft geteilt wird, bleibt Entscheidungsstärke unerlässlich. New Leader behalten das große Ganze im Blick und denken wirtschaftlich. Sie müssen nicht alles wissen, sondern die richtigen Fragen stellen und die Expertise ihres Teams nutzen. Fundierte Entscheidungen zu treffen und dafür einzustehen, sichert den Unternehmenserfolg – selbst in unsicheren Zeiten.
Empathie und Einfühlungsvermögen – Servant Leadership leben
Moderne Führung rückt das Team in den Mittelpunkt. New Leader hören zu, erkennen Bedürfnisse und fördern die Entwicklung ihrer Mitarbeitenden. Empathie stärkt Beziehungen und löst Konflikte konstruktiv. Mit Demut zeigen sie: Führung ist ein Gemeinschaftsprozess. Indem sie andere befähigen, entfalten sie wahre Stärke – ein Kernprinzip des Servant Leadership.
Veränderungs- und Lernbereitschaft – Offen für Neues
In einer VUCA-Welt (volatil, unsicher, komplex, mehrdeutig) ist Anpassungsfähigkeit ein Muss. New Leader akzeptieren Veränderungen nicht nur, sie gestalten sie aktiv. Change Management wird zur Schlüsselkompetenz: Sie sehen Wandel als Chance, bleiben flexibel und lernen kontinuierlich dazu. Wer heute führt, wächst mit den Herausforderungen – und nimmt sein Team mit.
Coachingkompetenz – Potenziale entfalten
Führung heißt heute Begleitung, nicht Bevormundung. Mit Coaching-Fähigkeiten fördern New Leader ihre Teams durch gezielte Fragen, aktives Zuhören und konstruktives Feedback. Sie schaffen Rahmenbedingungen für eigenständiges Arbeiten, bauen auf Vertrauen und unterstützen individuelle Entwicklung. So werden Mitarbeitende zu selbstverantwortlichen Gestalter*innen.
Inspiration – Motivation durch Vorbildfunktion
New Leader inspirieren. Sie leben Werte und Ziele vor, begeistern ihr Team für eine gemeinsame Vision und schaffen Klarheit. Motivation entsteht nicht durch Druck, sondern durch Überzeugung und Begeisterung. Als Vorbilder zeigen sie den Weg und fördern ein Umfeld, in dem Mitarbeitende intrinsisch motiviert sind und sich mit ihrer Arbeit identifizieren.
Wie ist der Status quo der Führungskultur?
New Leadership vereint Selbstführung, Entscheidungsstärke, Empathie, Veränderungsbereitschaft, Coaching-Fähigkeiten und inspirierendes Vorbildsein. Diese Kompetenzen schaffen eine Arbeitskultur, die auf Vertrauen, Verantwortung und Wachstum basiert. Wer sie meistert, prägt die Arbeitswelt von morgen – und hebt Führung auf ein neues Level.
Was ist aber der Status Quo unsere Führungskultur in Unternehmen? Der Gallup-Report 2023 zeigt alarmierende Zahlen: Der Stresspegel von Arbeitnehmer*innen in Deutschland und weltweit erreicht ein historisches Hoch. Nur 16 Prozent der Beschäftigten in Deutschland fühlen sich emotional an ihren Arbeitgeber gebunden – weltweit sind es 23 Prozent. Die Folge? Eine hohe Bereitschaft, den Job zu wechseln. Für Gallup-CEO Jon Clifton liegt die Lösung auf der Hand: „Change the way your people are managed.“ Führungskräfte tragen die Verantwortung, Teams durch eine wirtschaftlich unsichere Zukunft zu navigieren. Gelingt das nicht, leiden Leistungs- und Innovationskraft langfristig unter hohem Stress und geringer Bindung.
Führung steht vor einem Wandel: Old Leadership mit seinen starren Hierarchien und Kontrollmechanismen stößt in der dynamischen Welt von New Work an Grenzen. New Leadership rückt dafür Empowerment, Vertrauen und Sinnstiftung in den Mittelpunkt. Dieser Paradigmenwechsel erfordert ein Umdenken – weg von Befehl und Gehorsam, hin zu Inspiration und Zusammenarbeit. Führungskräfte, die Selbstmanagement, Empathie und Veränderungsbereitschaft meistern, schaffen eine Kultur, die motiviert, innovativ ist und Talente bindet. Old Leadership mag Vergangenheit sein – New Leadership gestaltet die Zukunft. Zeit, den Wandel anzunehmen!
Best Case: Der Upstalsboom Weg
Ein leuchtendes Beispiel für New Leadership ist der „Upstalsboom Weg“, initiiert von Bodo Janssen, Geschäftsführer der norddeutschen Hotelgruppe Upstalsboom. Was als Reaktion auf eine kritische Mitarbeiterbefragung im Jahr 2010 begann, entwickelte sich zu einem vielbeachteten Paradigmenwechsel in der Führung und Unternehmenskultur. Damals zeigte die Belegschaft deutlich: „Wir brauchen einen anderen Chef als Bodo Janssen.“ Diese ehrliche Rückmeldung traf ihn hart, doch statt zu resignieren, stellte er sich selbst in Frage – und leitete eine Revolution ein.
Der „Upstalsboom Weg“ setzt den Menschen in den Mittelpunkt. Ziel ist eine authentische Unternehmenskultur, in der jeder Mitarbeitende leben kann, was ihmihr als Mensch wichtig ist. Statt nur auf wirtschaftlichen Erfolg zu fokussieren, sollen die Upstalsboomer – wie sich die Mitarbeitenden nennen – gestärkt werden und zu innerem Frieden finden. Das bedeutet: täglich das tun, was ihnen wirklich entspricht. Janssen selbst beschreibt den Ausgangspunkt seines Wandels nüchtern: „Der Fisch fing am Kopf – also bei mir – an zu stinken.“ Aus dieser Erkenntnis heraus suchte er Antworten, unter anderem bei den Benediktinern im Kloster Münsterschwarzach, und verband Spiritualität mit Erkenntnissen aus positiver Psychologie und Neurobiologie.
Authentische Kultur statt bloßer Effizienz
Heute ist der „Upstalsboom Weg“ mehr als eine interne Transformation – er ist ein Impulsgeber für die Arbeitswelt. Gemeinsam mit seinem Team entwickelte Janssen einen Wertebaum mit zwölf Kernwerten und 32 Sinnthesen, die Orientierung bieten, etwa: „Wir begegnen uns als Menschen, frei von Funktion und Position.“ Selbstorganisierte Teams und die teilweise Abschaffung klassischer Hierarchien zeigen, wie ernst dieser Ansatz gemeint ist. Unternehmen weltweit schauen auf Upstalsboom als Vorbild, denn der „Upstalsboom Weg“ beweist: Führung, die Freiheit und persönliche Entwicklung fördert, schafft nicht nur zufriedene Teams, sondern auch nachhaltigen Erfolg.

Bodo Janssen verkörpert die Prinzipien von New Leadership: Selbstreflexion, Empowerment und Sinnstiftung. Sein Ansatz stärkt Mitarbeitende psychisch, physisch und sozial, indem er sie ermutigt, Verantwortung zu übernehmen und ihre Potenziale zu entfalten. Das Ergebnis? Eine Unternehmenskultur, die Menschlichkeit und Wirtschaftlichkeit vereint – und ein Beweis, dass New Leadership in der Praxis funktioniert. Der „Upstalsboom Weg“ inspiriert uns, Führung neu zu denken – als Dienst am Menschen, nicht als Machtinstrument.
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