Resilienz, der Schlüssel zur Stärke im Job und im Unternehmen
Resilienz, der Schlüssel zur Stärke im Job und im Unternehmen

Resilienz, der Schlüssel zur Stärke im Job und im Unternehmen

Stellen Sie sich ein Unternehmen vor, das wie ein Baum im Sturm steht: Während die Winde der Veränderung toben – sei es durch Marktkrisen, technologische Umbrüche oder globale Unsicherheiten – bleibt es nicht nur stehen, sondern wächst sogar weiter. Was macht diesen Baum, dieses Unternehmen so stark? Die Antwort liegt in einem Wort: Resilienz. Je resilienter die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Unternehmens sind, desto resilienter ist das Unternehmen selbst. Doch was bedeutet das genau? Wie können wir dieses Potenzial, das in der Arbeitswelt schlummert, freisetzen? Heute nehmen wir die Idee der Resilienz unter die Lupe – lehrreich, praxisnah und mit einem Augenzwinkern.

Was ist Resilienz und warum brauchen wir sie?

Resilienz – das klingt nach einem dieser Buzzwords, die in Meetings herumgereicht werden wie der Kaffee in der Mittagspause. Doch der Begriff hat mehr Substanz, als man auf den ersten Blick vermutet. Ursprünglich aus der Physik stammend, beschreibt Resilienz die Fähigkeit eines Materials, nach extremer Belastung wieder in seinen Ausgangszustand zurückzukehren. In der Arbeitswelt wird daraus eine menschliche Superkraft: die psychische Widerstandskraft, mit der wir Krisen, Stress und Veränderungen nicht nur überstehen, sondern sogar gestärkt aus ihnen hervorgehen. Das lateinische Wort „resilire“ – zurückspringen, abprallen – bringt es auf den Punkt: Es geht darum, nicht an Widrigkeiten hängenzubleiben.

Der Begriff machte seinen Weg in die Psychologie durch Pioniere wie Jack Block in den 1950ern und Emmy Werner, deren bahnbrechende Kauai-Studie in den 1970ern zeigte, dass Resilienz keine angeborene Gabe ist, sondern erlernbar. Werner beobachtete Kinder in schwierigen Lebenslagen und fand heraus, dass viele trotz aller Widrigkeiten ein erfülltes Leben führten – dank bestimmter Schutzfaktoren wie Optimismus oder einem starken sozialen Netz.

In der Psychologie bezeichnet Resilienz die Fähigkeit, mit schwierigen Situationen umzugehen und sich davon zu erholen.

Warum brauchen wir Resilienz in unserer Arbeitswelt? Weil die Business-Welt ein permanenter Sturm ist. Globalisierung, Digitalisierung, Krisen – die Liste der Herausforderungen ist lang. Resilienz bedeutet, diese Kräfte nicht nur auszuhalten, sondern sie zu nutzen, um als Individuum und als Unternehmen zu wachsen. Ein resilientes Team kann flexibel auf Marktveränderungen reagieren, Innovationen vorantreiben und auch in Stressphasen hervorragende Leistung bringen. Was für ein Potenzial? Ein Unternehmen, das in der Krise nicht nur überlebt, sondern floriert.

Was bedroht die Resilienz? Stressoren und Stressauslöser!

Doch bevor wir dieses Resilienzpotenzial freisetzen, müssen wir wissen, was es bremst. Stressoren sind die unsichtbaren Feinde der Resilienz – und sie lauern überall, privat wie beruflich. Einer ihrer Ursprünge liegt tief in unserer Vergangenheit: Nach der Systemtheorie von Murray Bowen tragen wir Rollen aus unserer Kindheit mit uns herum, die uns anfällig für Überforderung machen können. Vielleicht waren Sie der „Streber“, der immer perfekt sein musste, oder das „Familienmaskottchen“, das Konflikte mit Humor überspielte. Diese verschiedenen Kindheits-Rollen, die ich in einem früheren Artikel ausführlich beschrieben habe, können im Erwachsenenalter zu Stress führen, wenn sie uns in alte Muster zwingen – wie übertriebenen Ehrgeiz oder die Unfähigkeit, Nein zu sagen.

Ein zweiter großer Stressfaktor ist die Work-Life-Balance – oder besser: das Fehlen einer solchen. Wenn die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwimmen, etwa durch ständige Erreichbarkeit oder überhöhte Arbeitsanforderungen, entsteht ein Ungleichgewicht, das uns auslaugt. Hier kommt das Lebensrad ins Spiel – ein Werkzeug, das uns zeigt, wo es hakt. Stellen Sie sich ein Rad vor, das in Lebensbereiche wie Karriere, Familie, Gesundheit oder Freizeit unterteilt ist. Wenn ein Bereich – sagen wir der Beruf – das Rad dominiert, wird es eckig und rollt nicht mehr rund. Das Ergebnis? Stress, Unzufriedenheit, Burnout-Gefahr.

Das Lebensrad als Stressdetektor

Machen wir eine kleine Übung: Nimm ein Blatt Papier und zeichne einen Kreis. Unterteile ihn in 8-10 Segmente, je nachdem, welche Lebensbereiche du hier betrachten möchtest. Das könnte dann so aussehen wie in der folgenden Abbildung. Hier sind zum Beispiel die wichtigsten Lebensbereiche,

Das Lebensrad mit seinen Segmenten (Vorlage)

Bewerte nun jeden Bereich auf einer Skala von 1 (völlig unzufrieden) bis 10 (völlig zufrieden). Verbinde die Punkte und du hast ein harmonisches Rad oder ein zackiges Monster. Ein Workaholic hat vielleicht eine 10 bei „Karriere“, aber eine 2 bei „Freizeit“ – das Rad wackelt. Jetzt wird’s spannend: Wähle einen Bereich mit niedriger Punktzahl und frage dich: „Was stresst mich hier? Was könnte ich ändern?“ Vielleicht fehlt dir Zeit für Hobbys oder der Kontakt zu Freunden. Setze dir ein kleines Ziel – zum Beispiel „zweimal pro Woche 30 Minuten spazieren gehen“ – und beobachte, wie sich dein Stresslevel verändert. Das Lebensrad ist keine Zauberformel, sondern ein Spiegel: Es zeigt uns, wo wir aus der Balance geraten sind, und gibt uns einen Plan, wie wir wieder ins Gleichgewicht kommen können. Du kannst den Test übrigens auch online machen. Die Auswertung sieht dann so aus wie in der folgenden Abbildung.

Wheel of Life Assessment | wheeloflife.io

Resilienz ist erlernbar – Die sieben Säulen

Die gute Nachricht? Resilienz ist kein VIP-Ticket, das nur wenige bekommen – sie lässt sich trainieren. Wissenschaftler wie Helmreich und Lieb beschreiben drei Wege, mit Bedrohungen umzugehen: Resistenz (Widerstand), Regeneration (Erholung) und Rekonfiguration (Anpassung). Ein resilientes Unternehmen braucht Menschen, die genau das können – und hier setzt das Modell der sieben Säulen der Resilienz von Jutta Heller an, das auf den Forschungen von Emmy Werner basiert. Die wichtigsten Schutzfaktoren sind zusammengefasst:

  1. Akzeptanz: Krisen kommen – das ist eine Tatsache. Sie zu akzeptieren, statt sie zu leugnen, ist der erste Schritt zur Lösung.
  2. Realistischer Optimismus: Ein Lächeln für die Zukunft, ohne die Realität zu ignorieren. Optimisten kämpfen weiter, weil sie Chancen sehen.
  3. Lösungsorientierung: Statt Probleme zu zerlegen, bauen wir Lösungen – ein Perspektivwechsel, der Energie freisetzt.
  4. Selbstwirksamkeit: Die Überzeugung, etwas bewirken zu können, treibt uns an. Wer seine Stärken kennt, steuert selbstbewusst durch den Sturm.
  5. Vernetzung: Niemand ist eine Insel. Ein starkes Team oder ein unterstützendes Kollegium sind Gold wert.
  6. Verantwortungsbewusstsein: Eigenverantwortung statt Schuldzuweisung macht handlungsfähig.
  7. Zukunftsorientierung: Mit klaren Zielen vor Augen bleibt die Motivation erhalten, auch wenn es mal holprig wird.
Die sieben Schlüssel der Resilienz | Prof. Dr. Jutta Heller bedient sich in ihrem Modell der Schlüsselmetaphorik.

Die ersten drei Säulen sind die Reflexionsphasen. Nach der Reflexion beginnt die Umsetzungsphase: Jetzt geht es darum, aktiv zu werden. Ein Beispiel aus der Arbeitswelt: Eine Kollegin steht vor einem Projekt-Crash. Mit Akzeptanz erkennt sie die Situation, mit Optimismus glaubt sie an eine Wende, mit Lösungsorientierung sucht sie nach Alternativen. Sie nutzt ihre Selbstwirksamkeit, holt ihr Team ins Boot (Netzwerkorientierung), übernimmt Verantwortung und plant zukunftsorientiert die nächsten Schritte. Das Ergebnis? Das Projekt wird gerettet – und sie wächst daran. Unternehmen, die solche Fähigkeiten fördern, z.B. durch Training oder offene Kommunikation, bauen ein Team auf, das Krisen in Chancen verwandelt.

“Akzeptiere es. Es ist nicht Resignation, doch nichts lässt dich so viel Energie verlieren, wie die Diskussionen und der Kampf gegen eine Situation, die du nicht ändern kannst.“ – Dalai Lama

Ein persönlicher Appell: Wie kann ich meine eigene Resilienz stärken?

Kommen wir zu Dir, wo Du doch gerade diesen Artikel liest. Resilienz ist keine abstrakte Theorie – sie beginnt bei uns, heute. Hier sind einige Methoden, die Du sofort ausprobieren kannst:

  • Trainiere Deinen Optimismus: Beginne z.B. mit „Jammerfasten“ – eine Woche kein Jammern, stattdessen 7 Tage Optimismus, raus aus der Spirale negativer Denkmuster. Diese Achtsamkeit wirkt Wunder.
  • Stärkenprofil erstellen und die “Madonna-Methode” ausprobieren: sich ein Vorbild suchen, jemanden, der einen inspiriert (z.B. eine prominente Person oder jemand aus dem Familien-/Freundeskreis), dessen Stärken auflisten (Mut, Humor, Durchhaltevermögen) und sich fragen: „Habe ich das auch in mir?“ Spreche die Stärken laut in der Ich-Form aus: „Ich bin mutig“ oder “ich bin kreativ”. Spüre den Schub?
  • Konzentriere dich auf Lösungen statt auf Probleme: Statt „Warum ich?“ frage dich: „Was kann ich hier lernen? Wie kann ich diese Erfahrung nutzen?“ Welche neuen Möglichkeiten ergeben sich jetzt?
  • Vernetze dich: Sei kein Einzelkämpfer, öffne dich. Bitte andere um Hilfe oder biete selbst Hilfe an. Gib ehrliches Lob und Wertschätzung. Ein Kaffee mit Kollegen kann mehr bewirken, als du denkst. Dazu noch ein Buch- bzw. Videotipp: Die Kraft der Verletzlichkeit von Brene Brown.

Resilienz entsteht in Krisen – aber wir müssen nicht darauf warten. Jedes Mal, wenn du eine dieser Methoden anwendest, legst du einen Grundstein für deine Resilienz. Und wenn du resilienter wirst, wird auch dein Unternehmen resilienter. Stell dir vor: Ein Team, das Rückschläge wegsteckt, kreativ bleibt und gemeinsam wächst. Das ist kein Traum – das ist das Potenzial, das in uns allen steckt.


 

 

Titelfoto: freepik.com